Dresdner Tagebuch: Unser erster Deutschland-Cup

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Sonntag, 17.11.2008

7:45 Uhr Abfahrt vom lokalen Stützpunkt in Desden Richtung Internationales Congress-Centrum (fürderhin ICD genannt). Schon auf dem Hinweg (der Leser ahnt es schon ...) haben wir uns verfahren, weil der eine Frank (der Verfasser dieser Zeilen) dem anderen Frank nicht glauben wollte, wo's hingeht. Wir sind trotzdem um 8:00 Uhr da und damit dicke rechtzeitig. Erster Eindruck: Gigantisch! (Sven: "Superdupperphenomänalgigantisch!!")

Das ICD ist riesengroß und ... schräg. Von den hinteren Bänken (wo die schwächeren Spielklassen - also auch der Verfasser dieser Zeilen - untergebracht sind) war nur mit Mühe auszumachen wo die Bühne ist. Dahinten bewegten sich so kleine schwarze Punkte. Vermutlich die verschiedenen Redner. Gehört hat man die jedenfalls. Mit einem guten Fernglas hätte man vielleicht etwas erkennen können ... Mit einer ¼ Stunde Verspätung gings dann auch gleich los. Leider blieben viele Bretter leer. Schade. Von den Organisatoren wurde die DB (keine Ahnung, wofür diese Abkürzung steht) als eine mögliche Ursache genannt. Einige werden wohl aber auch einfach zu Hause geblieben sein - wie z.B. auch mein Gegner. Der hatte bestimmt im Internet gelesen, dass ich auch bestimmt da bin und Angst bekommen . Vielleicht lag es aber auch daran, dass keine Strafe zu fürchten war (man lasse mal in der Bezirksklasse das erste Brett leer ...).

Insgesamt war es jedenfalls viel zu warm!

10:15 Uhr Christina hat gerade einen Springer eingestellt. Sie muss kämpfen, vielleicht schafft sie ein Remis. Dann muss sie halt im Blitz nachsitzen. Elias hat gerade seine Partie verloren.

Viele Landesverbände sind in einheitlichen T-Shirt angereist. Die grellen Farben (gelb und orange) stechen dann sofort ins Auge. Unser Landesverband (also der Schachclub Niederkirchen ) ist auch im Trikot angetreten. Die Farbe ist etwas dezenter gehalten, dafür fallen wir mehr durch Siege auf (hoffentlich).

10:50 Uhr Gerade hat Lukas seinen Gegner, einen Herrn im Rentenalter, zur Aufgabe gezwungen. In einem Bauernendspiel mit ungleichfarbigen Läufern konnte er den gegnerischen Läufer gewinnen. Mit einem Freibauern war die Sache dann klar.

Matthias' Gegner spricht mich an: "Ihr sinn doch aus de Palz, odder? Wieso misse dann glei am Ahfang die Saarlänner un die Pälzer gehnanner spiele?" 10 Minuten später hat Matthias dann auch gewonnen. Sein Gegner (de Saarlänner) hatte einen Turm hergeschenkt ...

11:05 Uhr Johannes zerknirscht: "Ich hab in einer gewonnenen Stellung nur Remis geschafft. Der sch... Bauernzug." Johannes muss also nachsitzen. Christina kämpft noch.

11:15 Uhr Bei Wolfgang siehts nicht wirklich gut aus. Er liegt 3 Bauern hinten. Bei den etwas Besseren (also bei denen über 1000 DWZ) fällt meine Analyse recht einfach aus: Ich zähle die Bauern. Oleg liegt einen Bauern vorn - steht also gut . Und er hat Zeitvorteil, was bei Oleg selten vorkommt.

11:40 Uhr Meine gefühlsmäßige Einschätzung nach intensivem Studium der Stellungsbilder (Bauern zählen, s.o.): Thorsten gewinnt, Sven verliert (das Endergebnis zeigt, dass ich keine Ahnung habe). Claudia ist schon fertig und verschwunden. Keine Ahnung wie sie gespielt hat. Wolfgang verliert, Jürgen gewinnt (schon wieder daneben), Philipp verzwickt - vielleicht Remis? Denis mit Freibauer auf der 6. Reihe - reichts? Bei Jonathan könnte es klappen. Michael hat gerade verloren.

12:00 Uhr Olegs Gegner in Zeitnot. Für 11 Züge hat er noch 4 Minuten.

12:30 Uhr So langsam wirds geschäftig. Viele Heinzelmännchen beginnen leise mit den Vorbereitungen für die Vollprofis (Zur Erinnerung: Wir sind nur das Rahmenprogramm der Schacholympiade und gerade noch mal um das Tragen von Baströckchen und Puscheln drumrum gekommen).

13:00 Uhr Die Blitzentscheide im K.O. Modus beginnen. Dramatische Dinge ereignen sich - das Chaos ist perfekt. Wenige und mutige Schiedsrichter versuchen Ordnung in die vielen Spielwilligen zu bringen. Die Schiris hatten alle Hände voll zu tun, die große Gruppe der Remisspieler zu ordnen. Leider hatten wir wenig Glück im Blitz. Einzig Dennis konnte schnell und deutlich mit 2:0 gewinnen. Die anderen (Jonathan, Johannes und Thorsten) schaffen ein 1:1 und müssen im dritten, entscheidenden Spiel mit Weiß ran, blitzen und gewinnen. Keiner hats geschafft und daher sind die erstmal aus der K.O. Runde ausgeschieden. Wir müssen morgen früh die Auslosungen abwarten, ob vielleicht der eine oder andere als Lucky Looser doch wieder reinkommt.

Oleg und Sven müssen mit ihren Gegnern nach oben in den Analysebereich umziehen, weil der Turnierbereich nun endgültig fertig gemacht werden muss. Oleg zwang seinen Gegner dann schnell zur Aufgabe. Ein Springeropfer nimmt Oleg nicht mehr an, sein Gegner war schon in einem Mattnetz gefangen. Ja und Sven spielt noch ...

14:00Uhr Eine große Gruppe ist gerade gegangen (alle Jungs, Thorsten, Günther und ich). Sven spielt immer noch.

14:45 Uhr Sven beendet seine Partie endlich (nach 112 Zügen!!!). Der lange Kampf hat sich gelohnt, Sven ist weiter.

Fazit des ersten Tages: Es Bier schmeckt, de Woi ah ... 7 Spieler sind noch sicher im KO-System. Mit etwas Glück kommen noch 3 dazu. Insgesamt haben wir 8 Punkte aus 18 Partien erzielt - also keine 50 %.


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Montag, 18.11.2008

Angenehme Überraschung am Morgen: Alle die gestern im Blitz verloren haben, bleiben als Lucky Looser dabei! Also waren wir noch mit 10 Spielern im Rennen um die begehrten Pokale.

Der Morgen ist trübe, es sieht nach Regen aus. Anscheinend wurde gestern im Catering nicht viel umgesetzt. Die Klimaanlage ist viel zu trocken eingestellt, daher haben wir heute sehr viel Durst. Hier werden anscheinend neue Mafiamethoden erprobt, was das Ankurbeln der Getränkeumsätze angeht. Wir sind gespannt, was zum Thema Speisenumsatz passiert ...

Insgesamt wurde heute nicht ganz so lange gespielt wie gestern. Oleg muss heute als Einziger umziehen. Unsere Ausbeute war jedenfalls dürftig: Nur drei Spieler haben die 3. Runde erreicht. Oleg, Johannes und Jonathan konnten sichere Siege einfahren. Matthias musste in hoffnungsvoller Stellung in ein Remis einstimmen und im Blitz nachsitzen. Was er dann gegen 14:00 Uhr im dritten Spiel verloren hat. Sven, Claudia, Thorsten, Denis, Lukas, Frank haben ihre Spiele verloren. Die einen früher, die anderen noch früher. Nein im Ernst: es waren zum Teil hart umkämpfte Partien, die (natürlich) mit Pech verloren gingen.

Elias hatte nach 20 Zügen noch ca. 95 Minuten auf der Uhr und schon verloren. Sein Papa sollte ihm mal erklären, dass nicht der gewinnt, der die meiste Zeit auf der Uhr hat. Wird schwer, angesichts exzessivem Bulletzocken in der Familie .

Von den Spielern, die nach Schweizer System kämpfen, haben Larissa, Michael und Wolfgang gewonnen. Christina hat ein Remis erkämpft. Philipp, Elias und Jürgen haben verloren. Die drei sind nun nach 2 Runden noch ohne Punkt.


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Dienstag, 19.11.2008

Dienstag, Großkampftag ... Erste Probleme schon am Morgen, der rote Bus will nicht anspringen und braucht Starthilfe. Es geht dann aber doch recht schnell los.

3. Runde um 08:30 Uhr: Elias und Jürgen bleiben immer noch punktlos. Philipp hat ein Remis geschafft und steht nun auch auf dem Blatt. Tja, und Oleg ist raus aus dem Geschäft. Er hat leider sein Spiel verloren. Johannes gewinnt und ist weiter dabei. Jonathan spielt Remis und verliert leider im Blitz. Also ist nur noch Johannes im Rennen.

4. Runde, um 20 Minuten auf 15:20 Uhr verschoben da ab 14:45 eine Modeschau vorgeführt wurde. Entworfen wurden die Kleider von einer ... Hochschule ... Thema "Chess meets Fashion". Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Immerhin: Die Studentinnen haben ihre Entwürfe selbst vorgeführt, was das ganze enorm aufwertete.

Alle können jetzt befreit aufspielen - nur Jürgen ist etwas angefressen: Der erste Punkt muss her. Leider wird das auch in dieser Runde nichts. Er bleibt bei 0 aus 4 stehen. Morgen wird alles besser. Geteiltes Leid ist halbes Leid: Elias hat auch noch nichts.

Dramatisches Endspiel bei Johannes. Das Endspiel sieht sehr gut aus. Die gute Idee wird durch einen Springerzug des Gegners durchkreuzt, was einen anderen Plan erfordert hätte. Leider hat er diesen nicht gefunden und dem Gegner dadurch den Sieg ermöglicht. Schade. Es standen viele Zuschauer am Brett - es war die letzte Partie der Gruppe. Auch Oleg hatte keinen guten Tag, auch die zweite Partie war deutlich verloren.

Fazit: Auch heute konnten wir die angepeilten 50 % nicht erreichen. Ist ja nicht schlimm, morgen machen wir 120, dann ist alles wieder gudd .


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Mittwoch, 20.11.2008

Am vorletzten Spieltag des D-Cups konnten auch die beiden bisher punktlosen Elias und Jürgen erste Erfolge verbuchen. Elias überzeugte mit einem gekonnten Qualitätsgewinn und ließ sich im Anschluss den Sieg nicht mehr nehmen. Jürgen hatte mit der Bauernmehrheit am Damenflügel (k.A. was das ist, ich zitiere nur (Anm. des Webmasters dazu: Vermutlich Sven)) leichten Vorteil, den er aber nicht zum Gewinn ummünzen konnte.

Matthias und Jonathan sind nach der 5. Runde mit 3½ Zählern die punktbesten Spieler unserer Gruppe.

Hier die weiteren Ergebnisse des Tages: Nach ausgiebiger Analyse der Johannes-Partie der 4. Runde stellten die beiden Schachprofis Frankt E. und Sven M. (Spitznamen Fritz 10 und Fritz 11) fest, dass das Endspiel nur mit einer schier unglaublichen Leistung (nämlich der von Rybka, Anm. d. Webmasters) gewonnen worden wäre.

Zum Abschluss möchte ich erwähnen: Herbert war immer noch nicht da! Das wird teuer!!

Gerade kommt noch Denis (Fritz 12) dazu und bringt neue Ideen in die Analyse ein. Es ist tatsächlich nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hat.

Das Wort des Tages von Denis zur Verlustpartie von Sven: "Das war im Prinzip gut gespielt. Wenn man dann aber noch gewinnen will, muss man lernen länger zu überlegen!"


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Donnerstag, 21.11.2008

Wir sitzen gerade im Analysebereich des ICD (Internationales Congress Centrum Dresden). Wie fast jeden Tag spielt nur noch Oleg. Er muss wieder nach oben umziehen. Endergebnis des heutigen Tages: Michael, Elias, Larissa, Matthias, Denis, Claudia, Christina haben verloren. Jürgen, Jonathan, Jonny, Sven (Feigling) und Thorsten spielen remis. Gewonnen haben Johannes, Frank, Philipp, Lukas und Wolfgang.

Fazit: Die Stadt Dresden hat mit ihren imposanten Bauwerken bei uns einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bei den gemeinsamen Abenden haben die Erwachsenen bei Bier und Wein ihre täglichen Erlebnisse ausgetauscht und wie beim SCN üblich immer ausgelassen ohne irgendwelche Harmonieprobleme gelacht, während die Jugend mehr das Billardspiel pflegte.

Zur Olympiade muss man sagen, dass sie neue Maßstäbe gesetzt hat. Trotz kleinster Organisationsprobleme war es wohl das mit Abstand imposanteste Turnier, welches wir erlebt haben. Bei der Siegerehrung wurde Elias als jüngster Teilnehmer mit einer Olympia-Chessi geehrt. Bei den verschiedenen Qualifikationsturnieren haben ca. 10.000 Spieler teilgenommen. Für die Finals waren ca. 850 Spieler qualifiziert. Für die 4 Erstplatzierten jeder Gruppe gab es wertvolle Glaspokale und für den Sieger zusätzlich einen Pokal des Hauptsponsors aus Porzellan. Da wir nicht bei den Siegern vertreten waren, konnten wir die Siegerehrung als Zuschauer genießen. Aus Rheinland-Pfalz haben Simon Commercon aus Ramstein und Maxim Korman aus Trier ihre Klasse gewonnen.


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Freitag, 22.11.2008

Ein letztes Problem stellt sich noch: Für die Rückfahrt wurde sehr schlechtes Wetter mit Schnee und Sturm vorraus gesagt. Zudem ist mit starkem Wochenendverkehr zu rechnen. Wir haben kurzfristig die Abfahrt vorverlegt. Vor dem Frühstück werden noch die Autos geladen. So können wir direkt nach dem Frühstück starten. Um 07:45 Uhr sind wir schon unterwegs. Erster schlechte Vorahnungen stellen sich ein, als um 08:15 auf der Autobahn der Regen in Schnee übergeht. Es bleibt aber noch nichts liegen, die Autobahn ist frei. Nach einer halben Stunde lassen die Niederschläge nach, zeitweise schaut sogar die Sonja durch die Wolken. Wegen zu erwartender Verkehrsprobleme werden die Pausen auf ein Minimum reduziert. Wolfgang Appel fährt auch im Auto mit zurück. Klaus fährt ihn nach Mainz zum HBF und übergibt ihn einem freundlichen Zugbegleiter. Der hat versprochen Wolfgang wohlbehalten zu Hause abzugeben. Wir haben Glück. Wir kommen ohne Stau und schlimme Wetterkapriolen schon um 14:30 Uhr in Niederkirchen an. Die Fahrt verlief wesentlich besser als erhofft.

Sven hat schon während der Fahrt bei Bippo angerufen und dafür gesorgt, dass der Pizzaofen vorgeheizt wird. So können wir noch etwas zusammensitzen und bei einer Pizza das draußen einsetzende Schneetreiben durch die Fenster begutachten.

Die Jugendherberge war eine angenehme, gemütliche Unterkunft. Auch wenn sie nicht mehr dem in Rheinland-Pfalz mittlerweile üblichen JH-Standard entspricht. Das Personal war sehr freundlich und zuvorkommend. Auch unsere Sonderwünsche bei den Essenszeiten wurden bereitwillig erfüllt. Da wir bei den Abendessen immer alleine waren, blieben wir immer in gemütlicher Runde sitzen und konnten so wie in einem großen Wohzimmer den Abend ausklingen lassen.

Eine schöne, erlebnisreiche Woche ist zu Ende. Sie hat bei allen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Es ist schön, wenn man so eine imposante Sportveranstaltung wie die Schach-Olympiade miterleben darf. Am erstaunlichsten ist die Ruhe im Turniersaal, in dem sich während der Spiele immerhin geschätzte 2500 Personen (Spieler, Trainer und Betreuer, Offizielle und Zuschauer) aufhalten. Die Stadt Dresden ist auf jeden Fall noch eine Reise wert.


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Die Teilnehmner am D-Cup des SCN